Diskussion zu roadmap 86, Ausgabe differenzierte Binnenwanderung

m,h:
bei den SIKURS-Anwendern besteht die - zumindest aus meiner Sicht - gefährliche Tendenz, aus den Berechnungen Aussagen abzuleiten, die mE aus statistischen Überlegungen nicht zulässig sind: z.B. sehr kleinräumige Aussagen demografisch differenziert, Wanderungs-bewegungen von Gebietseinheit zu Gebietseinheit, etc. Die Frage, wie weit differenziert Berechnungsergebnisse differenziert sein dürfen - als interne Zwischenergebnisse der Berechnungen unvermeidlich - , die an die Öffentlichkeit, Entscheidungsgremien, Ausschüsse weitergegeben werden, ist meines Erachtens unbedingt zu klären und sollte in Lenkungsgruppe und in den Anwendergemeinschaft erörtert werden.

Ich fühle mich in diesem Zusammenhang methodologisch zu schwach, um entsprechende, ernst zu nehmende Warnungen vor Missbrauch der SIKURS-Berechnungen qualifiziert einzubringen. Mir scheint jedoch ein grundsätzliche Stellungnahme zu der Frage erforderlich, wie weit die Prognoseergebnisse differenziert werden dürfen, sowohl ganz allgemein, besonders aber auf Grund der Verantwortlichkeit der Methodenbetreuer.

Ich spreche das Thema vor dem Hintergrund des Punktes 86 der roadmap, bei dem es um die Darstellung von programmintern berechneten Wanderungsbeziehungen zwischen den Gebietseinheiten/Typen in unterschiedlicher Differenzierung geht. Können hierzu einen Vorschlag formulieren, wie die Frage zur Belastbarkeit der Rechenergebnisse weiter bearbeitet werden könnte? Gibt es eine Möglichkeit, die Zuverlässigkeit mit Faustformeln überschlägig näherungsweise zu bestimmen?

wib:
meine Überlegungen gehen in folgende Richtung: Sinnvolle Differenzierung von Pyramiden, Die Pyramide .../sikurs/beispiel/regtest/gem1991.csv hat ca. 100.000 Einwohner differenziert nach 1 Gebiet * 2 BG * 2 GG * 100 AG = 400 Balken, d.h. im Schnitt 100.000 / 400 = 250 Einwohner pro Balken. Die Pyramide sieht für mich gut aus. Ich würde eine Notenskala für die statistische Güte einer Pyaramide abhängig von der durchschnittlichen Anzahl Fälle pro Balken aufstellen, z.B.:

Anzahl       Note
----------+--------------
500 -  *   1 sehr gut
250 - 500  2 gut
100 - 250  3 befriedigend
 50 - 100  4 ausreichend
 10 -  50  5 mangelhaft
  0 -  10  6 ungenügend
Zwei Beispiele für die Nutzung der Noten:
  1. gem-Dateien
    Eine gem-Datei kann nach vielen (z.B. 50) Gebieten differenziert sein. Ich kann dann pro Gebiet eine Note vergeben. Für Gebiete mit schlechten Noten habe ich folgende Möglickeiten der Darstellung:
    1. ich weise auf die schlechten Noten hin
    2. Zusammenfassen schwacher Gebiete zu räumlichen Einheiten
    3. Reduktion der demografischen Differenzierung schwacher Gebiete z.B.
      1. verzicht auf BG und/oder GG
      2. Aggregation auf 50, 25, 20, 10, 5, 2 oder 1 AG
  2. Bewegungsdatei gstrom, gwegzug, gzugzug
    Hier ist die Problematik dünner Pyramiden noch größer als bei gem-Dateien, da bei gstrom eine zusätzliche Differenzierung nach Gebiet und bei gwegzug, gzuzug nach Außentyp vorliegt. Man hat hier eine Matrix von Pyramiden (siehe Visualisierung/Pyramiden/in Wanderungsmatrizen) Hier muss ich wie bei 1a, 1b, 1c die schwachen Matrixelemente bearbeiten (siehe Visualisierung/Zeitreihen/Stromkreise als Kreise oder Farbpalette)
m,s:
In der Verantwortung der Lenkungsgruppe liegt aus meiner Sicht, dass die Überschreitung von roten Linien nicht gefördert wird. Dazu gehört z.B. die Wanderungsbewegungen zwischen Gebieten als Ausgabedatei anzubieten. Wenn diese Wanderungsbewegungen tatsächlich statistisch belegt abzubilden wären, bräuchte man die Typisierung nicht. Sobald eine Typisierung erfolgt, ist dies ja gerade ein Hinweis darauf, dass man zwischen den Gebieten die Wanderungsbewegungen eben nicht direkt ableiten kann. Dann ist eine entsprechende Ausgabedatei auch nicht förderlich, suggeriert eine Auswertungsmöglichkeit, wo tatsächlich keine ist.

Ansonsten sehe ich die Verantwortung eindeutig beim Anwender und was er / sie vertreten will und kann. Wir müssen davon ausgehen, dass es sich um genügend sorgfältig handelnde Fachleute handelt und auch die Empfänger der Botschaften hinreichend kritisch sind. Ich sehe die Hauptgefahr für die Prognosen kleinräumig in der Fehltypisierung und für die Prognose insgesamt in der großen offenen, statistisch kaum gedeckten Flanke bei den Annahmen zur Außenzuwanderung. Da hilft vermutlich nur die Beratung, qualitative Fehler scheinen mir mit quantitativen Kenngrößen kaum greifbar. Vielleicht wäre ein Zusatzkapitel im Handbuch, auf Qualitätsaspekte von Prognosen, die uns wichtig sind, hinzuweisen. Für die "leichteren", quantitativ greifbaren Fehler (=von zu starken Zufälligkeiten geprägte Eingabedateien, oder Eingabedateien, die mit dem Rechenweg kollidieren (z.B. Wegzugsraten > 1)) ließen sich Kenngrößen finden oder erfinden oder zumindest von der Erfahrung geprägte Empfehlungen zu nötigen Besetzungszahlen von Grundgesamtheiten aussprechen.